Pferdefleisch

Nachdem in Großbritannien und mehreren anderen EU-Staaten falsch gekennzeichnete Fertiggerichte entdeckt worden sind, stehen jetzt auch Produkte in deutschen Geschäften unter Verdacht.

Die Supermarktkette Real hat „Tip Lasagne Bolognese“ zurückgrufen, da bei Laboruntersuchungen in einzelnen Stichproben Anteile von Pferdefleisch gefunden worden sind. Auch EDEKA hat die tiefgekühlte „G&G Lasagne Bolognese“ aus dem Verkauf genommen. Inzwischen wurden bestätigt, dass einzelne Stichproben dieser Produkte ebenfalls Pferdefleisch aufweisen.

Laut nordrhein-westfälischem Verbraucherschutzministerium (MKULNV) sind über Zwischenhändler aus Luxemburg Produkte mit Pferdefleisch in größerem Umfang nach Deutschland geliefert worden, bei denen der Verdacht besteht, dass sie als „Rindfleisch“ deklariert worden sind. Die Hinweise auf die Lieferungen habe das NRW-Ministerium über das europäische Schnellwarnsystem erhalten. Nach derzeitigem Kenntnisstand handele es sich vor allem um tiefgekühlte Lasagne. Derzeit prüfen die Behörden, ob die Waren tatsächlich Pferdefleisch enthalten. In diesem Zusammenhang genannt wurden die Firmen Kaisers’s Tengelmann, Edeka, Rewe und Eismann.

Kaiser’s Tengelmann hatte bereits in der vergangenen Woche seine „A&P Lasagne“ vorsorglich aus den Regalen entfernt. Kunden können diese jederzeit gegen Erstattung des Kaufpreises zurückgeben. Real bittet Kunden, die „TiP-Lasagne Bolognese, 400 g, tiefgekühlt“ gekauft haben, diese an der Kundeninformation des nächstgelegenen Marktes zurückzugeben. Der Kaufpreis wird erstattet.

Tabu in Großbritannien
Auf der Insel wird der Verzehr von Pferdefleisch weitgehend abgelehnt. Fälschlicherweise als „Lasagne mit Rindfleisch“ deklarierte Produkte, die bis zu 100 Prozent Pferdefleisch enthielten, sind dort in den letzten Wochen in den Handel gekommen. Auch in Irland, Frankreich und Schweden sind derartige Tiefkühlprodukte aufgetaucht; Verbraucher wurden durch die falsche Kennzeichnung massiv getäuscht.

Darf Pferdefleisch verkauft werden?
Grundsätzlich ist es zulässig Fleisch von gesund geschlachteten Pferden zu vermarkten und zu verarbeiten, und nach wie vor gibt es einige (wenige) Pferdemetzgereien in Deutschland. Traditionell wurde beispielsweise Rheinischer Sauerbraten aus Pferdefleisch zubereitet. Der Verzehr ist bei Einhaltung sämtlicher Vorschriften unbedenklich.

Welche Hygienevorschriften gelten
Für die Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung gelten die gleichen Hygienevorschriften* wie bei allen anderen Nutztieren. Amtliche Tierärzte und/oder Fachassistenten kontrollieren dabei die Schlachthöfe und untersuchen Schlachttier- und Fleisch. Dabei werden Tiere mit Erkrankungen von der Schlachtung ausgeschlossen und (unter anderem) nach Hinweisen auf einen Arzneimitteleinsatz gesucht. Nach der Schlachtung wird bei Fleisch und Organen geprüft, ob sie zum Genuss taugen und ob sie Trichinen aufweisen.

Dürfen Sportpferde, die ja häufig Arzneimittel erhalten, nach der Schlachtung zu Lebensmitteln verarbeitet werden?
Es kommt darauf an: In der Europäischen Union muss für jedes Pferd innerhalb der ersten sechs Lebensmonate eine Art „Personalausweis“, ein sogenannter Equidenpass, ausgestellt werden. Wird das versäumt, darf das Tier nicht mehr geschlachtet werden. Im Pass wird eingetragen, ob das Pferd zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr vorgesehen ist oder ob dies ausgeschlossen wird. In diesem Fall darf kein Fleisch des Tieres als Lebensmittel verwendet werden. Es ist jederzeit möglich, den Passeintrag von „Lebensmittelpferd“ auf „Nichtlebensmittelpferd“ zu ändern; umgekehrt ist dies jedoch ausdrücklich verboten. Der Equidenpass begleitet das Tier ein Pferdeleben lag. Der Eintrag und die Einstufung als „Nichtlebensmittelpferd“ ist für alle nachfolgenden Besitzer bindend. Die Regelungen erlauben es, bei Rennpferden als „Nichtlebensmittelpferd“ Arzneien anzuwenden, die für den Einsatz bei Tieren, die in die Produktion von Lebensmitteln gelangen sollen, verboten sind. In der Europäischen Union dürfen Pferde nur dann geschlachtet werden, wenn im Equidenpass der Eintrag „zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr bestimmt“ lautet.

Wie wird das Fleisch gekennzeichnet?
Bei verpackten Lebensmitteln muss in der Verkehrsbezeichnung oder in der Zutatenliste die Tierart angegeben werden, von der das verwendete Fleisch stammt. Wird also in der Lasagne Pferdefleisch verwendet ohne entsprechende Angabe, ist das „Rosstäuscherei“. Dagegen ist der Begriff „Rossbratwurst“ eindeutig. Hamburger bzw. Beefburger werden nach den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches für Fleisch und Fleischwaren aus Rindfleisch hergestellt, bei dem die Sehnen entfernt wurden. Schweine- oder Pferdefleisch zu verwenden, wäre also in diesem Fall nicht zulässig und eine Irreführung.

Ist die Herkunft erkennbar?
Eine Herkunftskennzeichnung (Angabe des Ursprungslandes) ist bisher nur für unverarbeitetes Rindfleisch und Rinderhackfleisch (geboren, gemästet, geschlachtet zerlegt in…), nicht aber für andere Tierarten bzw. Pferdefleisch vorgesehen. Wird das Fleisch gewürzt, mariniert oder in einem Fertiggericht (Lasagne mit Rindfleisch) verarbeitet, ist die Herkunftsangabe auch bei Rindfleisch nicht vorgeschrieben.
Quelle:VBZ Sachsern