Ärger mit dem Stromanbieter

Ob durch Netzsperre wie jüngst in Wuppertal oder gar durch Insolvenz: Wenn Stromanbieter nicht mehr liefern, wirft das viele Fragen auf: Was müssen Kunden tun? Von wem beziehen sie Strom? Verlieren sie ihre Vorauszahlungen? Die Verbraucherzentrale gibt Antworten.

Im Januar 2013 bekamen Wuppertaler Stromkunden überraschend Post: Der örtliche Netzbetreiber WSW Netz GmbH teilte mit, dass er seit dem 18. des Monats keinen Strom der Anbieter Optimal Grün und Löwenzahn Energie mehr durch das Wuppertaler Netz leitete. Laut Medienberichten war der Grund, dass diese beiden Töchter der Berliner Flexstrom AG ihre Netzentgelte nicht vollständig gezahlt hätten. Die Folge: Stromkunden in Wuppertal, die mit Löwenzahn oder Optimal Grün einen Vertrag haben, wurden nicht mehr von diesen Anbietern beliefert. Strom floss zwar weiterhin, aber der kam zunächst vom Grundversorger WSW Energie- und Wasser – mit dem sie gar keinen Vertrag abgeschlossen hatten.

Löwenzahn Energie reagierte prompt – und schrieb seine Kunden ebenfalls an. Tenor: Löwenzahn halte die Durchleitungssperre für seinen Strom durch die WSW Netz GmbH für rechtswidrig und habe einen Missbrauchsantrag bei der Bundesnetzagentur eingereicht. Auf der Homepage versicherte Löwenzahn-Mutter Flexstrom, dass für alle Kunden der Unternehmensgruppe der Netzzugang im Gebiet der WSW gesichert sei und ihnen kein finanzieller Nachteil entstehe.

Es stand Aussage gegen Aussage – und die Kunden waren tief verunsichert. In solch zweifelhaften Fällen empfiehlt die Verbraucherzentrale, den Stromanbieter per Musterbrief anzuschreiben – und damit bei ausbleibender Lieferbestätigung automatisch zu kündigen.

Keine Angst vor Stromausfall

Netzsperre kann ein Grund sein, dass der eigene Versorger nicht mehr liefert, eine weiterer ist dessen Insolvenz. Auf keinen Fall müssen Kunden aber fürchten, plötzlich ohne Elektrizität dazustehen. Kann der Vertragspartner nicht mehr liefern, erhält der Kunde ab diesem Zeitpunkt automatisch – und ohne es an Geräten oder im Haushalt zu merken – den Strom vom örtlichen Grundversorger. Das ist derjenige Anbieter, der vor Ort die meisten Kunden hat, meist sind es die Stadtwerke. Grundversorger sind in solchen Notfällen gesetzlich zur Stromlieferung verpflichtet.

Teurer Ersatz

Die so genannte „Ersatzversorgung“ ist allerdings teuer. Sie erfolgt zu hohen „Allgemeinen Preisen“, so der juristische Fachbegriff, und dauert maximal drei Monate. In dieser Zeit können Verbraucher einen neuen Stromliefervertrag mit einem Anbieter ihrer Wahl abschließen. Tun sie das nicht, bleiben sie automatisch Kunden des Grundversorgers, der sie weiter zu Allgemeinen Preisen bedient. Aber auch ein solches Grundversorgungsverhältnis können Verbraucher jederzeit mit einer Frist von zwei Wochen kündigen. Es steht ihnen jederzeit frei, mit dem Grundversorger einen besseren Tarif auszuhandeln oder zu einem anderen Anbieter zu wechseln.

Bei Insolvenz Zahlungen stoppen

Ist der Stromanbieter insolvent, sollten Kunden ihre Zahlungen sofort einstellen beziehungsweise die Einzugsermächtigung widerrufen.

Den alten Vertrag kündigen

Verbraucher müssen zwar nicht um Licht und Wärme fürchten, wenn der Stromanbieter ausfällt, aber sie sollten ihre rechtlichen Beziehungen ordnen. Möglicherweise können sie gegenüber dem bisherigen Lieferanten Ansprüche auf Rückzahlung- oder Schadensersatz geltend machen.

Hat – wie im Fall Wuppertal – der örtliche Netzbetreiber den Stromanbieter abgeklemmt, beendet das nicht automatisch den Vertrag zwischen Stromanbieter und Verbraucher. Stromkunden müssen selbst kündigen, um das Vertragsverhältnis sauber zu beenden. Dazu haben sie auch das Recht. Ein Energieliefervertrag kann nämlich entweder ordentlich gekündigt werden, also unter Beachtung der vertraglich geregelten Kündigungsfristen. Oder der Stromkunde kündigt gemäß Paragraph 314 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Ein wichtiger Grund ist gegeben, wenn es unzumutbar ist, den Vertrag fortzusetzen – das ist auch der Fall, wenn fest steht, dass ein Stromlieferant ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr liefern kann. Dann – oder wenn Stromkunden erfahren, dass sie bereits in der Ersatzversorgung gelandet sind – können sie unverzüglich kündigen.

Bei fraglicher Lage eher abwarten

Wenn ein Lieferstopp nicht sicher ist, man aber aufgrund schlechter Presse zum Beispiel künftige Probleme erwartet, kommt es auf den eigenen Vertrag an. Verträge mit kurzer Restlaufzeit kann man erst auslaufen lassen und gemäß den Vertragsbedingungen kündigen. Auch wer für längere Zeit im Voraus Geld überwiesen hat, sollte abwarten, solange der Anbieter vielleicht weiter liefert – sonst erhält der Kunde sein Guthaben vielleicht nicht zurück. Auch im Zweifelsfall kündigen sollten vor allem solche Verbraucher, die ihren Stromvertrag erst kürzlich abgeschlossen, aber noch nicht beezahlt haben. Auch Geld, das per wirksamer Einzugsermächtigung abgebucht wurde, kann man sich von seiner Bank bis zu acht Wochen nach Belastung des Kontos erstatten lassen. Sollte das Konto trotz Widerruf der Einzugsermächtigung belastet werden, so kann der Kunde sein Geld noch bis zu 13 Monate nach der Belastung von der Bank zurückverlangen.

Erst Frist setzen, dann kündigen

Wenn feststeht, dass der Stromanbieter nicht mehr liefert, kann eine Kündigung ohne Fristsetzung erfolgen. Ist dagegen noch fraglich, ob es zu Lieferproblemen kommt, müssen Kunden ihrem Stromlieferanten eine Frist setzen (Paragraph 314 Absatz 2 BGB).

Um sich rechtlich abzusichern, sollten Stromkunden den Lieferanten stets vorsorglich auffordern, ihnen die weitere Belieferung kurzfristig schriftlich zu bestätigen, bevor sie kündigen. Erhalten sie diese Bestätigung nicht, haben sie nach Auffassung der Verbraucherzentrale ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund. In unserem Musterbrief sind Aufforderung und Kündigungserklärung enthalten. Kommt keine Bestätigung innerhalb der gesetzten Frist, ist der Vertrag beendet und der Stromkunde kann sich einen neuen Anbieter suchen. Die Kündigung gilt, selbst wenn der frühere Stromanbieter später doch wieder liefern kann.

Guthaben und Schadensersatz einfordern

Nach der Kündigung muss der Stromanbieter innerhalb von sechs Wochen eine Abrechnung schicken und ein etwaiges Guthaben erstatten. Erhalten Kunden keine Abrechnung, sollten sie diese kurzfristig anfordern und notfalls gerichtlich gegen den Anbieter vorgehen, also einen Mahnbescheid beantragen. Ist der Stromanbieter insolvent, rät die Verbraucherzentrale davon allerdings ab. Die Erfolgschancen sind gering, man riskiert nur zusätzliche Prozesskosten.

Schließlich haben Kunden einen Anspruch auf Schadensersatz aus den Paragraphen 280 und 281 BGB, wenn sie nach dem Lieferstopp mehr für Strom zahlen müssen als vertraglich mit dem Anbieter vereinbart. Im Fall einer Insolvenz dürfte aber auch diese Forderung kaum zu realisieren sein.

Zählerstand ablesen

Ist ein Lieferstopp angekündigt, sollten alle betroffenen Stromkunden den Zählerstand ablesen und die Daten dem Netzbetreiber, dem örtlichen Grundversorger und dem bisherigen Lieferanten mitteilen. Damit tragen die Verbraucher dazu bei, dass zügig und korrekt abgerechnet werden kann. Wer etwa aus der Presse erfährt, dass ein Lieferant das örtliche Stromnetz ab einem bestimmten Datum nicht mehr nutzen darf, sollte am Vortag ablesen. Ist der Lieferstopp schon eingetreten – in Wuppertal beispielsweise wurden die Kunden erst nachträglich informiert – sollte man den ungefähren Zählerstand angeben. Auch wer neu abschließt, sollte den Zählerstand am Tag des Lieferbeginns ablesen und dem Netzbetreiber sowie dem neuen Lieferanten mitteilen.

Quelle:VBZ NRW